Vorwort
Die Kommunalwahl findet in einer Zeit statt, die stärker als in den Jahrzehnten davor von vielfältigen gesellschaftlichen und ökologischen Krisen gekennzeichnet ist. Die Pandemie hat bei Teilen der Bevölkerung das Wertesystem verschoben, der Krieg Putins gegen die Ukraine hat das Europa des Friedens ins Wanken und den Ausbruch einer Inflation mit all ihren Folgen gebracht, die ökologischen Klimaschäden rücken uns immer näher auf die Pelle. Manchmal kann man schon den Eindruck gewinnen, dass das gesellschaftliche Klima auch in einer Gemeinde wie Steinheim sich im selben Maß verdüstert, wie die durch die Treibhausgase hervorgerufenen Klimaschäden bei uns und weltweit voranschreiten. Wir nehmen eine Entwicklung wahr, in der die Verfolgung individueller Einzelinteressen eine immer stärker werdende Bedeutung bekommt und das Gemeinwohl immer stärker ins Hintertreffen gerät. Der gesellschaftliche Zusammenhalt, das gesellschaftliche Klima, die Solidarität untereinander wird dadurch geschädigt. Rechtsextreme profitieren von dieser Entwicklung auf eine beängstigende Art und Weise.
Wir GRÜNEN setzen uns mit unserem Programm für die Gemeinderatswahl am 09.06.2024 für die Stärkung des Zusammenhalts, für ein gutes Klima, für Solidarität in Steinheim ein.
Genau so wollen wir mit unserem Programm uns dafür einsetzen, dass Steinheim aus der Produktion der durch Treibhausgase verursachten Klimaschäden aussteigt und bis zum Jahr 2035 klimaneutral wird. Wir haben eine gesellschaftliche und eine ökologische Verantwortung für die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen, die in Steinheim leben. Mit unserem Programm wollen wir zeigen, wie wir ein gutes Klima in Steinheim hinbekommen wollen.
Für ein soziales und faires Steinheim
Unser Steinheim ist keine Insel der Glückseligen, die weit weg von all dem multiplen Krisengeschehen unserer Zeit liegt. Wir können uns vom Weltgeschehen nicht abschotten und somit erreicht es uns auch zwangsläufig. Aber: Wir können vieles dafür tun, dass alle Menschen, die in Steinheim leben, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, egal ob sie jung oder alt, Mann, Frau oder divers, vermögend oder arm, an Körper und Geist beweglich oder eingeschränkt, schon lange oder erst kurz hier wohnhaft .sind und egal wo sie herkommen. Wir wollen die Barrieren in unseren Köpfen und in der Infrastruktur unserer Stadt abbauen. Zu einer sozialen Stadt gehört für uns zudem, dass wir uns auch bei allen Beschaffungen der Verantwortung für die gesamte Lieferkette bewusst sind und uns an die Standards der „Fairtrade-Towns“ halten.
> Wir wollen ein durchgängig barrierefreies Fußwegenetz für ganz Steinheim, damit alle Menschen, egal ob mit oder ohne Einschränkungen welcher Art auch immer, in Steinheim selbstbestimmt da hin kommen, wo sie hinkommen wollen.
> Wir wollen einen barrierefreien Zugang zu allen Einrichtungen und Betrieben, damit alle Menschen, egal ob mit oder ohne Einschränkungen welcher Art auch immer, ihre Angelegenheiten selbstbestimmt erledigen können.
> Wir wollen die Verwaltung bei der Suche nach Unterkünften für Geflüchtete genauso unterstützen wie die Arbeit der Flüchtlingssozialarbeiterin und unserer Ehrenamtlichen.
> Wir wollen nach wie vor, dass die Kindergartengebühren grundsätzlich nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden.
> Wir wollen, dass auch die Gebühren für die Musikschule grundsätzlich nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden.
> Wir wollen, dass der von uns beantragte und vom Gemeinderat beschlossene Sozialfonds weitergeführt bzw. den gestiegenen Kosten bei dem bezuschussten Mensaessen angepasst wird.
> Wir wollen einen Beschluss des Gemeinderats, an der Fairtrade-Towns Kampagne teilzunehmen, die Auszeichnung „Fairtrade-Town“ anzustreben sowie die weiteren vier erforderlichen Kriterien zu erfüllen, wie es über 800 Kommunen in Deutschland auch schon getan haben (vgl. www.fairtrade-towns.de)
Für ein klimaneutrales Steinheim
Der Klimawandel entfaltet eine gefährliche Dynamik, seine schädlichen Auswirkungen für Flora, Fauna und die Menschen sind überall auf der Welt zu sehen und zu spüren, auch in Steinheim, auch in unserer unmittelbaren Umgebung. Ein Hitzerekord jagt den nächsten, was der Gesundheit der besonders vulnerablen Gruppen (Ältere z.B.) schwer zu schaffen macht. Wetterextreme wie Starkregen und Stürme nehmen zu. Der Gemeinderat und die Verwaltung der Stadt Steinheim haben sich ihrer kommunalen Verantwortung gestellt und am 27.02.2024 den Beschluss gefasst, dass Steinheim bis zum Jahr 2035 klimaneutral wird, d.h. nicht mehr Treibhausgase emittiert als es der Atmosphäre entzieht. Wir GRÜNEN haben uns im Gemeinderat vehement dafür eingesetzt und werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen.
> Wir haben das sich im Aufbau befindliche Wärmenetz für das Quartier Nord-West in Steinheim in allen Entwicklungsstufen mit ganzer Kraft unterstützt.
> Wir wollen weitere Ausbaustufen des Wärmenetzes für weitere Quartiere in Steinheim.
> Wir wollen, dass die beschlossene „Kommunale Wärmeplanung“ allen Bürger:innen unserer Stadt recht bald aufzeigt, wo mit Wärmenetzen in Steinheim zu rechnen sein wird und wo alternative Lösungen in Frage kommen.
> Wir wollen solare Freiflächenanlagen, auch mit Bürgerbeteiligungen.
> Wir wollen Windkraft im Hardtwald, auch mit Bürgerbeteiligungen.
> Wir wollen einen Klimavorbehalt für alle Beschlüsse des Gemeinderats, wie es zahlreiche Kommunen schon eingeführt haben.
> Wir wollen bei allen Baumaßnahmen, dass treibhausgasarme Materialien verwendet werden.
> Wir wollen einen Hitzeaktionsplan, der vulnerable Gruppen besser auf Hitzephasen vorbereitet.
> Wir wollen Steinheim hitzeresistenter machen durch ausreichende Begrünung, schattenspende Bäume, Fassaden- und Dachbegrünungen und Trinkbrunnen.
> Wir wollen, dass Steinheim sich zu einer „Schwammstadt“ entwickelt, d.h. dass Regenwasser an vielen Flächen wieder versickern kann.
> Steinheim nimmt am „European Energy Award“ teil, d.h. lässt sich seine Anstrengungen bei der Energiewende nach europaweit gültigen Standards zertifizieren. Wir wollen dabei die „Auszeichnung Gold“ erreichen.
Für einen neuen Mobilitäts-Mix in Steinheim
Der gegenwärtige Mobilitäts-Mix in Steinheim und vielen anderen Kommunen widerspricht den Zielen der Klimaneutralität und der Aufenthaltsqualität noch viel zu sehr. Die Verkehrsinfrastruktur ist noch zu stark auf das Verkehrsmittel Auto ausgelegt. Wir wollen das Auto in Steinheim nicht abschaffen, sondern die Attraktivität der Mobilitätsalternativen steigern, um mit einem veränderten Mobilitäts-Mix den Zielen der Klimaneutralität und der Aufenthaltsqualität entscheidende Schritte näher zu kommen. Wir brauchen dafür die Bottwartalbahn als neue Hauptverkehrsschlagader. Sie wird unsere Innenstädte am stärksten von den Belastungen des Autoverkehrs entlasten. Wir brauchen Zubringerbusse für die Bottwartalbahn und wir brauchen eine bessere Infrastruktur für den Rad- und Fußverkehr.
> Wir wollen nach dem Beschluss des Heilbronner Kreistags zur Trassenführung keine Zeit verlieren und zügig in die Planung und Umsetzung der Bottwartalbahn einsteigen.
> Wir wollen, dass parallel dazu am Netz der Zubringerbusse, zu denen auch intelligente Rufbusse gehören, gearbeitet wird.
> Wir wollen den Ausbau des E-Carsharings.
> Wir wollen, dass die Infrastruktur für den Radverkehr, bestehend aus Radwegen, Schutzstreifen, aufgeweiteten Radaufstellstreifen und sicheren Abstellmöglichkeiten ausgebaut wird.
> Wir wollen ausreichend breite, barriere- und hindernisfreie Gehwege und wirklich sichere Straßenübergänge. Hier dürfen wir den Konflikt mit übergeordneten Behörden nicht scheuen.
> Wir wollen bei der Verbesserung der Infrastruktur für den Rad- und Fußverkehr eine breitere Bürgerbeteiligung.
> Wir wollen, dass Steinheim Mitgliedskommune bei der AGFK-BW wird, der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad und Fußgängerfreundlicher Kommunen, um an deren Netzwerk, Kenntnissen und Erfahrungen teilzuhaben.
Für gute Wohn- und Lebensverhältnisse in Steinheim
Wir alle haben den Anspruch, dass Steinheim eine Stadt ist, in der sich alle Bewohner:innen wohl fühlen, die alle Bewohner:innen als ihre Heimat empfinden können. Deshalb dürfen wir bei unseren Bemühungen, gute Wohn- und Lebensverhältnisse in Steinheim zu erreichen, nicht stehen bleiben, sondern müssen sie ständig weiterentwickeln. Zunächst müssen wir den Bedarf v.a. an bezahlbarem Wohnraum decken. Nach einer Untersuchung des renommierten Pestel Instituts fehlen im Landkreis Ludwigsburg über 6000 Sozialwohnungen. Dies würde auf Steinheim umgerechnet über 100 Sozialwohnungen bedeuten. Zu den guten Lebensverhältnissen gehören für uns darüber hinaus: Ein ausreichendes und gutes Angebot an Betreuungs- und Bildungsangeboten, an Freizeiteinrichtungen, an Gesundheitsdiensten, an Pflegeeinrichtungen, an Versorgungsstrukturen für den alltäglichen Bedarf und nicht zuletzt eine intakte, vielfältige natürliche Umwelt in Steinheim und um Steinheim herum.
> Wir wollen ein Programm, das die Lücke bei den Sozialwohnungen in Steinheim in den nächsten Jahren schließt.
> Wir wollen diese Lücke bei der Überarbeitung von alten Bebauungsplänen, bei der Erstellung neuer Bebauungspläne im Bestand entweder in Kooperation mit der kreisweiten „Bürgergenossenschaft Wohnen“ oder mit eigenen Strukturen
schließen.
> Wir wollen, dass wir vorausschauend ausreichende Kitaplätze einrichten.
> Wir wollen, dass die Verwaltung auch unkonventionelle Wege beschreitet, um eine ausreichende Anzahl qualifizierter und motivierter Fachkräfte für unsere Kitas zu gewinnen und zu halten.
> Wir wollen unseren schulischen Bildungseinrichtungen bedarfsgerechte Räumlichkeiten anbieten, besonders im Hinblick auf den geplanten Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung für Kinder im Grundschulalter ab dem Schuljahr 20262027.
> Wir wollen, dass die Bottwartalkommunen die Notwendigkeit eines neuen dreizügigen Gymnasiums offensiv und kooperativ angehen.
> Wir wollen die Einrichtungen für Sport, Kultur und Freizeit für unsere Bürger:innen und weitere Besucher:innen wie z.B. Wellarium, Sportstätten und Museen erhalten und ggf. verbessern.
> Wir wollen, dass sich unsere Bürger:nnen noch direkter und aktiver am kommunalpolitischen Geschehen beteiligen können, z.B. durch die Einrichtung eines Bürgerrats zu einer spezifischen kommunalpolitischen Fragestellung.
> Wir wollen alles daransetzen, dass im neuen Dienstleistungszentrum auf dem Schnaidt-Areal die ärztlichen und medizinischen Dienste einziehen, die wir brauchen.
> Wir wollen, dass in Steinheim bzw. im Bottwartal ein im Kreispflegeplan vorgesehenes Pflegeforum eingerichtet wird, das für Steinheim bzw. für das Bottwartal die Pflege-Versorgung analysiert und Lösungsansätze für die Bedarfsdeckung findet.
> Wir wollen, dass die Verwaltung sich darum bemüht, einen im Kreispflegeplan angekündigten „Quartiersmanager“ zu bekommen, der die Bedürfnisse und Anliegen der älteren und pflegebedürftigen Menschen vor Ort identifiziert und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung ergreift.
> Wir wollen, dass Steinheim sich beim Förderprojekt „Natur nah dran“, einem Förderprojekt von NABU und dem Land, beteiligt, um Grünflächen mit Wildpflanzen in insektenfreundliche Blumenwiesen und Säume zu verwandeln.
> Wir wollen in Kooperation mit dem Landschaftserhaltungsverband im Kreis Ludwigsburg (LEV) unsere begonnenen Biotopverbundpläne forcieren, um dem rasanten Artenschwund effektiver auf unserer Gemarkung entgegenzutreten und bedrohten Arten neue Lebensräume anzubieten.
> Wir verfolgen das Ziel, den Flächenverbrauch in Steinheim auf Null zu senken.
Für ein neues Zentrum
In Steinheims (historischem) Zentrum, dem Areal rund um den Marktplatz, spielt sich nicht mehr das ab, was man von einem lebendigen Zentrum erwarten könnte. Es ist kein Mittelpunkt für das gesellschaftliche und politische Leben mehr. Das liegt zum einen an dem Zustand der Gebäude und des Quartiers, aber auch an seiner Struktur: Die Stadtverwaltung ist nur mit einem Teil des Teams im historischen Rathaus, die Gemeinderatssitzungen finden im Bürgersaal statt und die Begegnungsfrequenz der Steinheimer Bürger:innen ist dank weniger Geschäfte insgesamt sehr überschaubar. Zudem schränkt der Verkehr die Aufenthaltsqualität entscheidend ein. Wir wollen eine Restrukturierung des alten Ortskerns, damit es zu einem neuen Zentrum für Steinheim, zu einem Hotspot für das gesellschaftliche und politische Leben wird.
> Wir wollen ein neues, zentrales Rathaus, das deutlich unter der bisherigen Kostenschätzung von 27,9 Mio. € liegt, ohne die bisher zugrundegelegten Nachhaltigkeits-Standards aufzuweichen.
> Wir wollen aus dem Marktplatz einen zentralen autofreien Ort der Begegnung machen mit grünen Schattenplätzen und gastronomischen Angeboten.
> Wir wollen das alte Rathaus so umstrukturieren, dass es für Vereine und z.B. für die Musikschule barrierefrei nutzbar ist.
> Wir wollen aus der Kelter ein Haus der Kultur machen, das Platz bietet für kulturelle Veranstaltungen und für unsere Museen.
> Wir wollen zur Planung, Durchführung und Finanzierung der enormen Kosten dieser Restrukturierung eine eigene Gesellschaft aufbauen.
Für einen zukunftsfähigen Haushalt
Steinheim steht in den nächsten Jahren vor großen finanziellen Herausforderungen. Das strukturelle Defizit von ca 2 Mio. € und die immensen Investitions- und Sanierungsvorhaben von weit über 30 Mio. € mitsamt ihren laufenden Kosten (Abschreibungen, Zinsen, Tilgungen) müssen geschultert werden. Durch die Bündelung mancher Funktionen werden wir einige Gebäude veräußern können und künftig dafür keine Unterhaltungskosten mehr aufbringen müssen. Trotzdem werden wir Kredite in nennenswerter Höhe aufnehmen müssen. Einerseits stehen wir insgesamt dazu, dass wir für diese Zukunftsprojekte Schulden aufnehmen, weil sie Steinheim aus unserer Sicht eine gute Zukunft eröffnen. Andererseits darf es nicht sein, dass wir für andere wichtige Projekte zukünftig finanziell nicht mehr handlungsfähig werden. Wir wollen aber auch die Struktur unserer Einnahmen nicht außer Acht lassen. Hier können wir uns Verbesserungen vor allem in Bereichen vorstellen, in denen öffentliche Leistungen in Anspruch genommen werden, ohne sich an den Kosten zu beteiligen.
> Wir wollen eine Finanzplanung, die uns über mehr als drei Jahre darüber Auskunft gibt, wie sich der Haushalt unserer Stadt entwickelt.
> Wir wollen, wenn es nötig sein sollte, manche Projekte zeitlich strecken.
> Wir wollen eine Kosten-Nutzen-Untersuchung zur Parkraumbewirtschaftung.
> Wir wollen eine Debatte über die Verpackungssteuer.
> Wir wollen eine bürgerfreundliche Verwaltung, die mit einer effizienten Digitalisierungsstrategie personelle Ressourcen für andere Aufgaben in der Verwaltung freisetzt.
> Wir hoffen auf jährlich sechsstellige Einnahmen aus der Windkraft im Hardtwald.
> Wir priorisieren neues Gewerbe auf bereits versiegelten Flächen.
> Neuem Gewerbe auf grüner Wiese stimmen wir nur zu, wenn es den Kriterien eines nachhaltigen Gewerbegebiets (vgl. www.schlier.de/wirtschaft-tourismus/gewerbestandort/gewerbegebiet) entspricht und die versiegelten Flächen andernorts entsiegelt werden.
Schlusswort
Steinheim ist die Stadt, in der wir leben. Steinheim soll für alle seine/ihre Bewohner:innen eine Heimat sein, in der sie gut leben und ein gutes Lebensumfeld finden können. Deshalb setzen wir Steinheimer GRÜNEN uns mit all unserer Kraft und unseren Ideen für das Gemeinwohl, für ein gutes Klima in und für Steinheim ein. Wir stehen ein für unsere Ziele und wir stehen ein für unsere konstruktive demokratische Kultur und gegen alle Versuche, diese zu zersetzen.