Liebe Steinheimer:innen, werte Kolleg:innen, geschätzte Vertreter:innen der Verwaltung,
für mich ist eine Haushaltsdebatte weniger die Kunst endlos mit Zahlen zu jonglieren als die Kunst zu zeigen, wo wir mit unserer Stadt Steinheim momentan stehen, mit welchen besonderen Herausforderungen Steinheim konfrontiert wird und in welche Richtung wir uns weiterentwickeln wollen. Im besten Fall könnten wir spannende Bürger – Debatten damit auslösen. Mal sehen, ob uns das gelingt.
Ich bekomme das Gefühl nicht los, dass die Arbeit an unserem Haushalt für das Jahr 2025 ziemlich vergleichbar ist mit der Arbeit des Aschenputtels im Haushalt ihrer Stiefmutter. Das Arbeitsumfeld und die Welt des Aschenputtels ist ziemlich dunkel, ziemlich düster. Die Arbeitsatmosphäre ist auf einem Tiefpunkt, ihr Arbeitsgegenstand: Dreck und Asche, in der sich gelegentlich einige Linsen und Erbsen finden und ihre Zukunftsperspektiven: alles andere als rosig. Da finden sich reihenweise Gründe, depressiv zu werden. Sieht denn die Welt rund um Steinheim, sieht die Arbeit an unserem Haushalt denn tatsächlich besser aus?
Nicht wirklich: Auch wir erleben die uns bestimmende politische Umwelt wie Aschenputtel: dunkel, düster, aschgrau, auf dem Tiefpunkt, ohne große, leuchtende Zukunftsperspektiven, eine Welt, wo nur eines wächst: der Krisenmodus. Kriege lösen die schlimmsten Krisen aus: Massenhaft Tod, Zerstörung, Vertreibung, Flucht. Der Krieg Putins gegen die Ukraine, mittlerweile im 4. Jahr, ist uns am nächsten und hat unsere Gewissheit, im ewigen Frieden zu leben, auch in Steinheim nachhaltig erschüttert. Er hat Energiepreise und Lebensmittelpreise phasenweise explodieren lassen, hat eine beispiellose Inflation produziert, hat Lieferketten beschädigt. Das alles hat auch nach wie vor eine schädliche Auswirkung auf unsere kommunalen Finanzen.
Und es sieht auch leider ganz und gar nicht danach aus, dass die Autokraten und Gewaltherrscher dieser Welt an Zustimmung verlieren. Im Gegenteil. An vielen Stellen dieser Welt, selbst in Europa, gewinnen die an Zustimmung, die ganz rabiat auf egozentrische Deals, rechtsextremen Populismus, auf reinrassigen Nationalismus setzen, auf Hass, Hetze, Ausgrenzung und Zerstörung demokratischer Grundwerte. Auch die kleine gesellschaftliche und kommunale Welt in Steinheim wird da womöglich von der einen oder anderen dieser bedrohlichen Wellen noch durchgerüttelt werden.
All das hat eine andere weltumspannende Krise in der öffentlichen Wahrnehmung ein gutes Stück in den Hintergrund gerückt: Die Klimakrise. Auch wenn es manche gerne anders hätten: Es gibt sie, wir haben sie ganz und gar nicht im Griff, sie verstärkt sich. Die Daten sprechen eine deutliche Sprache. In Paris haben sich im Jahr 2015 die Länder der Welt die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad als Ziel gesetzt. Diese Messlatte haben wir schon einige Male gerissen. Das hat Folgen: Der Hitzestress mit steigenden, auch tödlichen Folgen für vulnerable Gruppen nimmt auch hier bei uns zu, genauso wie Extremwetterphasen wie zunehmende Starkregenfälle. Von beiden ist auch Steinheim direkt betroffen.
Und so werden sie mir bestimmt alle zustimmen, wenn ich sage, dass wir in den Räumlichkeiten, in denen der Haushalt der Stadt Steinheim zubereitet wird, eigentlich jede Menge Vermögensschätze vorfinden müssten, um mittendrin in dieser von zunehmenden multiplen Krisen gebeutelten Welt noch einigermaßen bestehen zu können.
Aber leider sieht es da nicht viel anders aus wie bei Aschenputtel in der Küche: Jede Menge verkohlter Asche, wenig Verwertbares oder in der Sprache des Haushaltsplanentwurfes: Der Planansatz sagt uns zwar eine Steigerung unserer gesamten ordentlichen Erträge (also unsere Gesamteinnahmen) um etwa 1,7 Mio€ auf nun respektable 34,5 Mio€ voraus, was so vielleicht auch nicht unbedingt zu erwarten war und eigentlich große Freude auslösen müsste. Das tut es nicht lange, nicht nur weil wir unseren Zweifel über die Realitätsnähe z.B. einer angenommenen Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2025 von über 700.000€ gegenüber dem Ansatz 2024 nicht wirklich abschütteln können. Nein, ein paar Zahlenkolonnen weiter, beim Blick auf die gesamten ordentlichen Aufwendungen, muss man sich wie ein begossener Pudel fühlen. Diese belaufen sich auf etwa 37,1 Mio€. Zahlen lügen nicht. Das gibt ein ordentliches Minus von etwa 2,55 Mio€. Und wieder starten wir mit einem Defizit in das Haushaltsjahr. Der Blick auf die Folgejahre tröstet nicht, im Gegenteil: Das Defizit wird nicht kleiner, es wird größer. Im Jahr 2028 soll es dann knapp 4,3 Mio€ betragen. Ihre Mienen werden sich auch garantiert nicht aufhellen, wenn sie sich die Entwicklung der Zinsen und Tilgungen in diesem Zeitraum anschauen: Der Kreditbedarf steigt, die Schulden steigen, die Zinslast steigt von mickrigen knapp 46.000€ im Jahr 2023 auf voraussichtlich fast 1,1 Mio€ im Jahr 2028, die Tilgungslasten von knapp 183.000€ im Jahr 2023 auf über 1,2 Mio€. Was ist das denn dann für ein Haushalt und wer soll das bezahlen? Auch wenn ich mir das nicht vorstellen kann oder will: Wir werden das bezahlen müssen, unsere Amtszeit läuft ja erst im Jahr 2029 aus. Wir nehmen mit, die Arbeit am Haushalt 2025 ist dunkel, ist düster, schmeckt bitter, bereitet Schmerzen. Eine Besserung ist leider nicht in Sicht. Wir befinden uns halt im Aschenputtelmodus.
Es dürfte kaum jemand entgangen sein, dass dieses Schicksal unter den Kommunen in unserer Republik derzeit ziemlich weit verbreitet ist. Die Zahl der Kommunen, die einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können, ist auf eine kleine Minderheit zusammengeschrumpft. Sie sind auch im sparsamen Schwabenland zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung geworden. Der Städtetag spricht sogar von fast 90% der Städte, die im Haushalt 2025 mit einem negativen ordentlichen Ergebnis planen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass nahezu 90% der Kämmerer und 90% der politisch verantwortlichen Gemeinderäte von einem epidemisch-aggressiven haushaltspolitischen Inkompetenzvirus befallen wurden, halte ich für ausgeschlossen. Wir sind auch nicht alle kollektiv in ein haushaltspolitisches Koma gefallen oder gar alle kollektiv auf der faulen Haut gelegen oder haben alle zur gleichen Zeit wie auf Knopfdruck das schöne, viele Geld für monströse Prestigeobjekte zu den Fenstern unserer Rathäuser hinausgeworfen.
Für unser Steinheim kann ich feststellen, dass alle Fraktionen des Gemeinderats und alle Abteilungen der Verwaltung nichts unversucht haben lassen, ein haushaltspolitisches Desaster zu vermeiden. Wir Fraktionen haben seit Herbst letzten Jahres in vielen Stunden harter Fraktionsarbeit an Sparvorschlägen gearbeitet. Die Verwaltung hat wohl in zahllosen internen Runden jeden Euro mindestens ein paar Mal hin- und hergewendet. Das Ergebnis dieser kollektiven Anstrengung kann sich sehen lassen. Wir konnten das Defizit zwar nicht vermeiden, aber das ganz, ganz große haushaltspolitische Desaster konnten wir abwenden. Das Defizit hatte ursprünglich – Herr Retter hat es in seiner Haushaltsrede vor zwei Wochen sehr deutlich benannt – eine bedrohliche Dimension von 6 Mio€ und jetzt sind wir bei den bekannten 2,5 Mio€ gelandet. Kaum zu glauben: Eigentlich war die Zitrone Haushalt ja schon ziemlich ausgequetscht – und aus dieser ausgequetschten Zitrone holen wir noch einmal etwa 3,5 Mio€ heraus!
Das fühlt sich nach mehr an als die paar Linsen und Erbsen, die Aschenputtel aus der Asche herausholte. Im Ernst: Wir haben ein weiteres Mal eine große Resilienz gegenüber den von Jahr zu Jahr steigenden haushaltspolitischen Herausforderungen entwickelt. Das haben wir mit der Märchenfigur gemeinsam. Und wenn nicht alles täuscht, also urplötzlich der große Weltfrieden mit großer internationaler Solidarität und großer wirtschaftlicher Erholung ausbricht, werden die haushaltspolitischen Herausforderungen in den nächsten Jahren nicht kleiner. Alles spricht dafür, dass sie größer werden. Oder wie es in einem Video von 60 Bürgermeister:innen heißt:“ Das Limit ist bei allen Städten erreicht – und bei vielen schon überschritten.“
Nicht von ungefähr hat unser 1. Beigeordneter Stefan Retter am Schluss seiner Haushaltsrede alle freiwilligen Leistungen der Stadt Steinheim in alphabetischer Reihenfolge uns und allen Steinheimer:innen präsentiert. Das Signal ist klar: Wenn gar nichts mehr geht, bleibt uns nichts anderes mehr übrig, als die eine oder andere Einrichtung, die nicht zu unseren unmittelbaren Pflichtaufgaben gehört, zu schließen. Das will keiner von uns. Da gibt es vieles, das zur speziellen Steinheimer Lebensqualität unverzichtbar dazugehört.
Ganz direkt gefragt: Wer hat uns das alles eingebrockt und wie kommen wir da wieder raus? Gerne wird in den Gemeindegremien mit dem Finger auf den Landkreis gezeigt. Und ja, die Kreisumlage steigt für Steinheim um weitere 0,7 Mio€ auf nunmehr knapp 6,3 Mio€. Das hat mit bösem Raubrittertum – wie es ein ehemaliger OB unseres Landkreises, selbst Kreisrat, wider besseres Wissen mal bezeichnet hat - rein gar nichts zu tun. Von dieser Steigerung würde so gut wie gar nichts übrig bleiben, wenn Bund und Land die Pflichtaufgaben des Kreises auskömmlich und die Aufgaben der Daseinsfürsorge – hier nenne ich vor allem unsere Krankenhäuser – ihrer existentiellen Bedeutung für die Kreisbevölkerung entsprechend angemessen finanzieren würde.
Mit anderen Worten: Die kommunale Ebene – Landkreise und Gemeinden – kommen erst dann wieder aus ihrer flächendeckenden Haushaltsmisere raus, wenn wir das Konnexitätsprinzip – wer bestellt, der bezahlt auch – aus der Versenkung holen und es als unumstößliche und allseits verbindliche Normvorgabe für die Finanzbeziehungen zwischen allen staatlichen Ebenen einsetzen. Dafür nur wenige Beispiele: Wer den Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung gesetzlich verankert – was wir für richtig halten - muss dann auch für alle anfallenden Kosten aufkommen. Oder wer den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule per Gesetz einführt – was wir auch für richtig halten – muss auch für alle Folgekosten geradestehen. Es gäbe zahlreiche weitere Beispiele.
Das neue, milliardenschwere Sondervermögen, kann uns möglicherweise bei der einen oder anderen Investition helfen. Und möglicherweise können die vom Land angekündigten, um drei Monate vorgezogenen Auszahlungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich in Höhe von insgesamt 3 Mrd.€ das eine oder andere Haushaltsloch bei den Kommunen vorübergehend stopfen helfen. An der strukturellen Schieflage der kommunalen Haushalte wird all das wenig bis nichts ändern. Dafür brauchen wir weitreichende Reformen in der Finanzordnung von Bund, Länder und Kommunen. Für die derzeitige Finanzordnung finde ich das Bild sehr zutreffend, dass wir als kommunale Ebene ziemlich stiefmütterlich behandelt werden.
Deshalb bleibt uns momentan nichts anderes übrig: Wir müssen versuchen, uns an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Und das heißt einerseits Ausgaben reduzieren bis zur Schmerzgrenze oder wenn es sein muss, auch darüber hinaus. Und das heißt andererseits Einnahmen erhöhen. Natürlich denken wir nicht daran, die Eltern unserer Kindergartenkinder, unsere Vereine, unsere Badegäste, die Nutzer unserer öffentlichen Einrichtungen, unsere Grundstückseigentümer und Gewerbetreibenden die komplette Zeche für die Fehlentwicklungen der für uns Kommunen defizitären Finanzordnung zahlen zu lassen, aber es ist mehr als legitim, nach Optionen zur Einnahmeverbesserung zu suchen und sie dann auch als Vorschlag zur Abstimmung zu präsentieren.
Eine Option ist die Einführung der Grundsteuer C. Seit dem 1.1. 2025 haben wir als Städte und Gemeinden die Möglichkeit unbebaute baureife Grundstücke durch einen von uns festgelegten Hebesatz höher zu belasten. Das wird zwei Effekte haben: Zum einen wird es weniger attraktiv, baureife Grundstücke unbebaut zu lassen und das heißt, es wird attraktiver, Wohnungsbau im zumeist innerstädtischen Bereich zu betreiben, andererseits gibt es Mehreinnahmen für den Haushalt, solange nicht gebaut wird. Da schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Wir werden damit unseren Haushalt gewiss nicht generalsanieren, aber die Grundsteuer C wird zur Entlastung etwas beitragen. Für den Haushalt 2025 wird es nicht mehr reichen. Daher beantragen wir, die Verwaltung damit zu beauftragen, alle Vorarbeiten zu treffen, damit die Grundsteuer C mit dem Haushalt für das Jahr 2026 in Steinheim eingeführt werden kann.
Einnahmeverbesserungen durch höhere Steuer-Hebesätze und weitere Gebührenerhöhungen schließen wir für dieses Jahr aus. Das ist die ultima ratio. Zusätzliche klassische Gewerbegebiete taugen auch nicht als kurz- und mittelfristige Heilsbringer. Erstens setzt uns da die Region klare Grenzen und zweitens dauert so ein Verfahren klassischerweise viele Jahre, bis es Ertrag bringt. Wir schließen das nicht per se aus, knüpfen es aber an die Bedingung, dass es alle Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen muss.
Meine Damen und Herren, was mir am Aschenputtel am meisten gefällt, ist, dass sie sich von den fiesen Rahmenbedingungen nicht unterkriegen lässt, eine ungeheure Resilienz und Zielstrebigkeit entwickelt, sich aus ihrer Misere herauszuarbeiten. Kein Gejammer, kein Geheule, kein Aufgeben, kein Abgleiten in die Depression, einen klaren Blick nach vorne.
Und das sehe ich auch bei uns. Wir stellen uns das Ziel Klimaneutralität bis 2035, wir bauen ein Wärmenetz auf, wir steigen jetzt in die Wärmeplanung ein, wir sind mit dem „European Energy Award“ ausgezeichnet, wir bauen an einem neuen Bürger-Rathaus, wir verfolgen einen Plan, unsere Innenstadt wieder zu beleben, wir haben auch dafür einen Eigenbetrieb bauSTEIN HEIMbau gegründet, der in diesem Jahr seine Arbeit aufnimmt. All das zeigt: Steinheim bleibt nicht verschont von all den Krisen, aber trotzdem herrscht da eine Aufbruchstimmung. Wir werden sehen, wie weit wir kommen.
Wir Grünen wollen in dieser Haushaltsdebatte unseren Beitrag dazu leisten, dass es mit diesem klaren Blick nach vorne weitergeht, z.B. mit unserem Weg zur Klimaneutralität bis 2035. Unsere Formel dafür ist ziemlich einfach: Klimaschutz ist der beste Menschenschutz. Steigende Temperaturen sind ungesund und produzieren Extremwetterphänomene mit entsprechenden Schadensszenarien. Deshalb halten wir es für eine Pflichtaufgabe aller staatlichen Ebenen, von der Kommune bis zur UNO, effektiven Klimaschutz zu betreiben. Steinheim ist wie gesagt mit dem „European Energy Award“ ausgezeichnet worden. Wir haben die erforderliche Zielmarke von 50% der Punkte gerade um 3,7% übertroffen. Der Auditbericht benennt die Stärken, gibt aber auch 10 Empfehlungen ab, wie wir uns weiter verbessern können. Nur ein einziges Beispiel: Konkretisierung der beschlossenen kommunalen Klimastrategie mit dem Ziel, die Treibhausgasneutralität bis spätestens 2035 zu erreichen. Wir beantragen, dass die Verwaltung uns einen Plan vorlegt, wann und wie sie die Empfehlungen des Auditberichts verwirklichen will.
Die Verwaltung hat uns am 6.5. diesen Jahres in der öffentlichen Sitzung des ATU den Maßnahmenkatalog für Steinheim im Klimamobilitätsplan des Landkreises zur Kenntnis gegeben. Der Klimamobilitätsplan für den Landkreis wurde zu 80% durch das Land Baden-Württemberg gefördert. Wir wissen, dass unsere bisher vorherrschende Mobilität effektiven Klimaschutz eher belastet als voranbringt. Der vorgelegte Maßnahmenkatalog für Steinheim enthält daher zahlreiche Vorschläge, die Radinfrastruktur, die Fußinfrastruktur, die öffentlichen Verkehrsmittel, die Verkehrssteuerung, das Parkraummanagement und die Entwicklung nachhaltiger Siedlungskonzepte zu verbessern. Wir beantragen, dass ein Gremium aus Verwaltung und Gemeinderat installiert wird, das aus diesem Maßnahmenkatalog konkrete Klimamobilitätsmaßnahmen für Steinheim entwickelt und für erste Maßnahmen 20.000€ bereitgestellt werden.
In den Haushaltsdebatten der vergangenen Jahre haben wir Grünen immer wieder auf die fatale Fehlentwicklung beim bezahlbaren Wohnraum und noch genauer auf die Fehlentwicklung bei den Sozialwohnungen hingewiesen. An dieser Fehlentwicklung hat sich nichts geändert, allen politischen Absichtserklärungen zum Trotz. Es fallen mehr Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung heraus, als neue gebaut werden. Das Marktversagen ist offensichtlich, das Gegensteuern der öffentlichen Hand immer noch viel zu schwach. Diese Fehlentwicklung hat eine enorme soziale Sprengkraft. Zur Erinnerung: Laut Pestel-Institut fehlen im Landkreis Ludwigsburg etwa 6.000 Sozialwohnungen. Auf Steinheims Einwohnerzahl heruntergerechnet sind das mehr als 100 fehlende Sozialwohnungen in Steinheim. Es ist ja nicht so, dass sich in Steinheim nichts tut, z.B. in Scheibenäcker oder auch im geplanten Umbau des Gästehauses Lamm, aber das ist alles in allem noch zu wenig. Schade, dass die vor 3 Jahren vom Landkreis gegründete „Bürgergenossenschaft Wohnen“, auf die wir in den beiden letzten Jahren setzten, noch nicht so richtig in Schwung gekommen ist.
In diesem Jahr setzen wir auf zwei andere Instrumente: 1. Auf den Aufbau einer „Leerstandsbörse“, die Haus- und Wohnungsbesitzer dazu bewegen soll, ihren nicht vermieteten Wohnraum unter der Vermittlung der Stadt wieder in den Markt zu geben und 2. Auf unseren Eigenbetrieb bauSTEIN HEIMbau. In der Betriebssatzung § 1 Abs 2 haben wir u.a. festgehalten:“ Der Eigenbetrieb kann im Bereich der kommunalen Wohnungswirtschaft … anfallende Arten von Aufgaben übernehmen.“ Daher beantragen wir, dass der Eigenbetrieb bauSTEIN HEIMbau dem Gemeinderat noch in diesem Jahr seine Vorstellungen präsentiert, wie er diesen Satzungsgegenstand in den nächsten Jahren verwirklichen will. Für uns steht fest, dass es hierbei nur um die Förderung von zusätzlichem bezahlbaren Wohnraum und von zusätzlichen Sozialwohnungen gehen kann.
Liebe Steinheimer:innen, werte Kolleg:innen, geschätzte Vertreter:innen der Verwaltung, das war es noch nicht ganz mit unseren Anträgen. Bei drei von vier Anträgen geht es darum, einen kommunalpolitischen Prozess politisch zu beschleunigen. Nur einer bringt für den Haushalt einen eher bescheidenen Mehraufwand. Sie kennen uns: Wir Grünen kompensieren unsere Anträge mit Mehraufwand jedes Jahr mit Einsparanträgen. So halten wir es auch dieses Jahr. Wir beantragen die Reduzierung des Haushaltsansatzes „Besondere Verwaltungs/Betriebsaufwendungen“ von 1.690.400€ um 20.000€ auf 1.670.400€ und überlassen es der Verwaltung, wo sie das genau einspart.
Die ganzen Einsparrunden des letzten halben Jahres waren alles andere als spaßig. Die waren schmerzhaft und gingen zum Teil an die Substanz. Bei einem Projekt haben wir dagegen eine Steigerung des Ansatzes gegenüber dem Haushaltsplan 2024 – jetzt bitte alle festhalten – um rechnerisch über 127% festgestellt! Es handelt sich um die Neugestaltung des Spielplatzes Schrai-Ost. Da waren 2024 bei den Investitionsmaßnahmen als Gesamtkosten 220.000€ eingesetzt. Diese Mittel haben wir komplett als Ermächtigungsreste in das Jahr 2025 übertragen. Mit den im Haushaltsplan 2025 neu eingestellten Mitteln von 270.000€ ergibt das jetzt einen Gesamtkostenrahmen von sage und schreibe 490.000€, eine knappe halbe Million für einen einzigen Spielplatz. Da machen wir Grünen nicht mit. Wir wissen durch genauere Untersuchungen unserer jetzigen Stadtbauamtsleiterin inzwischen, dass der Ansatz von 220.000€ im Haushaltsplan 2024 mehr auf optimistischen Annahmen als auf fundierten Fakten aufgebaut war und den besonderen Herausforderungen des Geländes – nur ein Stichwort: Hangsicherung – nicht gerecht wurde.
Bitte nicht missverstehen: Wir wollen die Neugestaltung, wir wollen eine kreative und bedarfsgerechte Neugestaltung. Und wir finden die bisherige Bürgerbeteiligung grandios und beispielgebend. Aber: Wenn wir jetzt nicht alles daran setzen, um bei dieser Freiwilligkeitsleistung (!) deutliche Einspareffekte zu erzielen, geraten wir mit unserem Sparprozess der letzten Monate in eine Glaubwürdigkeitskrise. Wir Grünen wollen das nicht. Wir beantragen daher, die im Haushaltsplan neu eingesetzten Mittel für die Neugestaltung des Spielplatzes Schrai-Ost um 100.000€ auf 170.000€ zu reduzieren. Nochmals: Zusammen mit den Ermächtigungsresten könnten wir immer noch über insgesamt 390.000€ für dieses Projekt verfügen. Es gibt Signale aus der Verwaltung, dass auch diese Mittel letztendlich ausreichen könnten. Wir Kommunen beklagen uns zurecht über kostentreibende hohe Standards, die uns übergeordnete staatliche Ebenen z.B. bei der Ausstattung unserer Einrichtungen vorgeben. Aber bei diesem Projekt setzen wir die Standards. Wir setzen uns für eine gewisse, verantwortbare Absenkung in diesem Fall ein.
Die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind so ausgelegt, dass sie ihre Bestimmung, unsere Steinheimer:innen sicher mit Wasser zu versorgen und anfallende Abwasser sicher zu entsorgen, voll erfüllt. Wir sind natürlich gespannt, wie sich die geplanten großen Baumaßnahmen in den Gebührenbescheiden niederschlagen. Mit dem Eigenbetrieb bauSTEIN HEIMbau haben wir Neuland betreten. Es ist ein superspannendes Projekt. Der Eigenbetrieb soll den Umbau und die neue Nutzung des Gästehaus Lamm-Areal, der Kelter, des Lammareals, des aktuellen Rathauses und des NKD-Gebäudes in den nächsten Jahren organisieren und wenn es nach uns geht, auch im sozialen Wohnungsbau aktiv werden. Jedes Projekt bringt für sich gesehen schon eine ganze Menge Herausforderungen. Wir können uns allen nur wünschen, dass der Eigenbetrieb das alles personell und wirtschaftlich gut verkraftet. Wir sind gespannt auf die ersten Zwischenberichte im Betriebsausschuss, dem ATU.
Meine lieben Steinheimer:innen, werte Kolleg:innen, geschätzte Vertreter:innen der Verwaltung: Es sieht nicht danach aus, als ob wir mit dem Haushalt 2025 das haushaltspolitische Tal der Tränen in Steinheim schon durchschritten hätten, das Licht am Ende des Tunnels schon erkennbar wäre und die ersten Strahlen einer sonnigen Zukunft schon spürbar wären. Aber: Wir werden die Zukunft für Steinheim gewinnen, wenn wir uns von den multiplen Krisenszenarien und Defiziten nicht lähmen lassen, den Blick nach vorne richten und uns mit aller Kraft und einer großen Portion Wagemut Wege in eine gute Zukunft für unser geliebtes Steinheim erarbeiten. Dem Aschenputtel ist das – gegen alle Widrigkeiten - im Märchen gelungen. Wir setzen alles darauf, dass uns das auch für Steinheim gelingt.
Bitte stimmen sie unseren Anträgen zu. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Die Anträge der Grünen im Überblick
- Wir beantragen, die Verwaltung damit zu beauftragen, alle Vorarbeiten zu treffen, damit die Grundsteuer C mit dem Haushalt für das Jahr 2026 in Steinheim eingeführt werden kann.
- Wir beantragen, dass die Verwaltung uns einen Plan vorlegt, wann und wie sie die Empfehlungen des Auditberichts zum European Energy Award verwirklichen will.
- Wir beantragen, dass ein Gremium aus Verwaltung und Gemeinderat installiert wird, das aus dem Maßnahmenkatalog, den der Landkreis mit dem Klimamobilitätsplan für Steinheim erstellt hat, konkrete Klimamobilitätsmaßnahmen für Steinheim entwickelt und für erste Maßnahmen 20.000€ bereitgestellt werden.
- Wir beantragen, dass der Eigenbetrieb bauSTEIN HEIMbau dem Gemeinderat noch in diesem Jahr seine Vorstellungen präsentiert, wie er den Satzungsgegenstand „Kommunale Wohnungswirtschaft“ in den nächsten Jahren verwirklichen will.
- Wir beantragen die Reduzierung des Haushaltsansatzes „Besondere Verwaltungs/Betriebsaufwendungen“ von 1.690.400€ um 20.000€ auf 1.670.400€
- Wir beantragen, die eingesetzten Mittel für die Neugestaltung des Spielplatzes Schrai-Ost um 100.000€ auf 170.000€ zu reduzieren.